... aus dem Leben von Ingeborg von Hantelmann
Wie wir alle wissen, war Ingeborg Künstlerin. Sie ist in dieser Eigenschaft vielen Menschen begegnet, hat mit ihnen gearbeitet, sich ausgetauscht, sich inspirieren lassen. Einer davon ist Claus, der Verfasser des Gedichts am Anfang und der treue Hüter von Ingeborgs Homepage. Claus kann heute nicht hier sein, aber da Ingeborg sich gewünscht hat, dass er etwas zu ihr als Künstlerin erzählt hat er etwas geschrieben:
Ich bin schuld (und Robert, Robert Grund, seinerzeit Schüler und freiwilliger Teilnehmer eines Projektes zur Resozialisierung von gestrauchelten Jugendlichen - die Gestrauchelten wurden zur Teilnahme verdonnert, seitens irgendwelcher juristischen Instanzen, die Freiwilligen füllten die Gruppe auf);
also ich bin Schuld dass Ingeborg (Robert nannte sie Hildekraut weil er meinte, dass sie einfach so sei wie Hildekraut), also dass Ingeborg zum Geburtstag eine Homepage bekam. Wir meinten, sie müsse der Welt (bitte sehr: DER WELT!) zeigen, was sie so gut kann: Papier zerschnippeln und dann wieder zusammen kleistern. Himmel, sie hatte so viele Sachen oben in der Wohnung rumliegen und die wurden im Laufe der Zeit zu Bildern und Objekten und so weiter, aber das wissen ja alle hier. Wir wussten es eben nicht, und wenn wir Ingeborg nicht in diesem Projekt getroffen hätten, wüssten wir’s bis heute nicht.
Dieses Projekt hatte es in sich: Da sollten kreative Leiter eine Gruppe von Gestrauchelten und nicht gestrauchelten ans Schauspielern bringen. Nur dass die Kreativen bitte sehr nicht zu kreativ wären, das war wichtig, weil der Scheff von et janze eigentlich noch viel kreativer war, oder besser, der einzig wirkliche Kreative in der Bremer Szene. Der hatte schon, bevor er überhaupt wusste, wer da mitmachen würde, Titel und Inhaltsskizze des Stückes fertig. Es sollte von den beteiligten Jugendlichen handeln, und da Jugendliche alle gleich (und etwas dämlich oder dümmlich) waren, wusste besagter Scheff eben schon alles vorher. Pelz hiess dieser Mann, und wir wurden (zumindest Ingeborg und ich) bald die Läuse im Pelz dieses Herrn Pelz.
Ja, so sind sie, die Künstler (oder auch die, die sich für solche halten): sie lassen sich nicht gerne vorschreiben, wie man kreativ zu sein hat. Ärger vorprogrammiert. Ach, und dann war da noch eine dritte, die sich schnell zur eigentlichen Leiterin erklärte und dem Ober-Kreatief-Scheff um den Bart ging und auf diese Art immer wieder bekam, was sie wollte. Unwürdiges Spiel, hat uns aber im Laufe des Projektes zusammengeschweisst, und das hat gehalten, auch als ich dann irgendwann nach Brassiland ausrückte.
Also, mit Ingeborg konnte man, wenn man mindestens genauso stur war wie sie, wunderbar zusammenarbeiten. Stur musste man schon sein, sonst wurde man flugs zum Handlanger für ihre Ideen (auch nicht schlecht, konnte man viel bei lernen). Der einzige, der da nix lernen wollte war besagter Scheff, und der musste dann auch irgendwann “seinen” Verein dicht machen. Nun machen andere weiter, und weniger autoritär, und das hat ja dann was.
In diesem Projekt wurde ein Theaterstück mit Musik entwickelt (und auch zweimal aufgeführt), danach gab es eine Ton-Dia-Schau auf einer Video-Kassette und eine CD-Aufnahme mit den Gestrauchelten.
Neben vielen kleinen Sachen haben wir eigentlich unter bescheidenen Bedingungen eine Menge gerissen. Und das war es eben, was man mit Ingeborg konnte: ne Menge reissen.
Hat sie auch später und mit anderen erfolgreich durchgezogen. Weiter in Projekten, meist bei Quartier.
Darüber wissen andere besser Bescheid.
Fazit: Man bekam leicht als ersten Eindruck: ach, die Kleine ist ja ganz nett, aber was will die eigentlich hier??? Aber dann, aber dann…
Dann machte sie, und wie! Nicht nur Kunst, das war Leben, wie es sein kann und sollte. Und wenns nicht schnell genug ging, ab aufs Fahrrad, Pedale treten!
(26.01.2023 Claus Alves da Silveira)